12Mai2023 Fachwissen Sicherheitsdatenblatt richtig lesen und verstehen

Um welchen Gefahrstoff handelt es sich? Was ist im Notfall zu beachten? Was kann ich präventiv tun?

Mit all diesen Informationen ist ein sogenanntes Sicherheitsdatenblatt (kurz SDB) ausgestattet. Hier sind nicht nur Hinweise und Informationen zum Umgang mit dem Gefahrstoff aufgeführt. Es wird auch erläutert was in einem Notfall und präventiv zu tun ist. Wir zeigen Ihnen, wie Sie ein Sicherheitsdatenblatt richtig lesen und verstehen - so behalten Sie den Durchblick. 

 Sicherheitsdatenblatt richtig lesen und verstehen

Seite teilen über:

Was ist ein Sicherheitsdatenblatt (SDB)?

Ein Sicherheitsdatenblatt ist ein digitales oder physisches Dokument, welches an ein bestimmtes chemisches Produkt gebunden ist. Sicherheitsdatenblätter sind eine wichtige Grundlage bei der Gefahrenkommunikation und dienen als Kommunikationsmittel innerhalb der Lieferkette. Im Sicherheitsdatenblatt sind alle notwendigen Daten und Umgangsempfehlungen für den gefährlichen Stoff / das Gemisch zu finden, um die nötigen Maßnahmen für den Gesundheits-, Arbeitsschutz und den Schutz der Umwelt zu treffen.

Die Anforderungen an die Erstellung eines SDB sind in Artikel 31 der REACH-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006) festgelegt. Die Gestaltung eines SDB ist in Anhang II der REACH-Verordnung definiert.


 

Wann wird ein Sicherheitsdatenblatt benötigt?

Alle Unternehmen, die ein gefährliches chemisches Produkt auf den Markt bringen, müssen ein Sicherheitsdatenblatt vorlegen. Ausnahmen hierbei sind Arzneimittel, Lebensmittel und kosmetische Produkte, die für den Endverbraucher bestimmt sind. Der Lieferant ist verpflichtet das Sicherheitsdatenblatt spätestens an dem Tag auszuhändigen, an dem das chemische Produkt das erste Mal an den Kunden geliefert wird. Ein Sicherheitsdatenblatt muss nicht erstellt werden, sofern das Produkt als nicht gefährlich eingestuft wird und keine betriebspflichtigen Chemikalien enthält.

Auf Anfrage müssen Sicherheitsdatenblätter zur Verfügung gestellt werden für:

  • Gemische, die nicht als gefährlich eingestuft sind, aber mehr als 1 % eines gesundheits- oder umweltgefährdenden Stoffes enthalten. Handelt es sich bei dem Produkt um ein Gas, liegt der Grenzwert bei 0,2 %.
  • Gemische, die nicht als gefährlich eingestuft sind, aber mindestens einen Stoff enthalten, für den auf EU-Ebene ein Arbeitsplatzgrenzwert gilt.
  • Nicht gasförmige Gemische, die nicht als gefährlich eingestuft sind, aber mehr als 0,1 % eines besonders gefährlichen Stoffes enthalten, einschließlich krebserzeugender, fortpflanzungsgefährdender, erbgutverändernder und sensibilisierender Stoffe.

Eine Aktualisierung des Sicherheitsdatenblattes durch den Ersteller muss unverzüglich erfolgen, wenn

  • ihm neue Informationen vorliegen, die Auswirkungen auf die Risikomanagementmaßnahmen haben können, oder neue Informationen über Gefährdungen verfügbar sind;
  • eine Zulassung erteilt oder versagt wurde,
  • eine Beschränkung erlassen wurde.

 

Wie lese ich ein Sicherheitsdatenblatt richtig?

Ein Sicherheitsdatenblatt enthält Informationen über die Gesundheits-, Umwelt- und Brandrisiken im Zusammenhang mit dem Umgang des chemischen Produkts. Neben den Anforderungen zur Erstellung eines Sicherheitsdatenblattes ist auch der Aufbau in der REACH-Verordnung (Anhang II) geregelt. Diese besagt, dass das Sicherheitsdatenblatt in 16 nummerierte Abschnitte gegliedert ist, die in Unterabschnitte unterteilt sind. Zum besseren Verständnis eines Sicherheitsdatenblattes erklären wir Ihnen die Bedeutung der einzelnen Abschnitte genauer:

  • Kommentiertes Muster-Sicherheitsdatenblatt


 

Abschnitt 1. Name des Stoffs bzw. des Gemischs und des Unternehmens

  • In Abschnitt 1 sind die ersten wichtigen Informationen wie der Name des Stoffs/Gemischs und die relevanten identifizierten Verwendungsbereiche vermerkt. Zudem finden sich hier Namen und Kontaktinformationen des Lieferanten sowie eine Telefonnummer für Notfälle wieder. Wichtig ist, die chemische Bezeichnung auf dem Flaschenetikett mit dem angegebenen Namen auf dem Sicherheitsdatenblatt abzugleichen. Chemikalien haben teilweise ähnliche Namen, aber sehr unterschiedliche Eigenschaften.

Abschnitt 2. Identifizierung der Gefahren

  • Dieser Abschnitt ist von höchster Wichtigkeit! Er bietet einen Überblick über die gesundheitlichen Risiken, die bei der Verwednung des Stoffs/Gemischs entstehen können.
  • Hier sind die Einstufung und Kennzeichnung des Stoffs/Gemischs, sowie weitere gefährliche Eigenschaften, wie z. B. „Staubgefahr“ nachzulesen. Gemäß dem GHS-Klassifizierungsschema werden auch die relevanten Piktogramme abgebildet.


Abschnitt 3. Zusammensetzung / Angaben zu Bestandteilen

  • In Abschnitt 3 werden der Stoff oder die Bestandteile des Gemischs zusammen mit Informationen über die Konzentration (bezieht sich nur auf die Bestandteile eines Gemischs), die Einstufung und die chemischen Identitäten aufgeführt.


Abschnitt 4. Erste-Hilfe-Maßnahmen

  • Der Abschnitt 4 enthält Anweisungen für Erste-Hilfe-Maßnahmen. Eine professionelle medizinische Nachsorge muss in jedem Fall erfolgen.

Abschnitt 5. Maßnahmen zur Brandbekämpfung

  • In Abschnitt 5 sind Maßnahmen zur Brandbekämpfung nachzulesen. Diese Angaben sind für den Rettungseinsatz der Feuerwehr relevant.


Abschnitt 6. Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung

  • Abschnitt 6 enthält Empfehlungen für Maßnahmen im Falle eines Verschüttens, Auslaufens oder Austretens – und wie die schädlichen Auswirkungen auf Menschen, Eigentum und die Umwelt verhindert oder minimiert werden können.

Abschnitt 7. Handhabung und Lagerung

  • In Abschnitt 7 wird beschrieben, wie das chemische Produkt sicher zu handhaben ist, wobei die Schutzmaßnahmen sowohl für die in Abschnitt 1.2 genannten Szenarien als auch für die spezifischen Eigenschaften des Stoffs/Gemischs angemessen sind. Dieser Absatz versorgt Sie mit speziellen Tipps für die Lagerung und das Handling der eingesetzten Gefahrstoffe.

Abschnitt 8. Begrenzung und Überwachung der Exposition / Persönliche Schutzausrüstungen

  • Abschnitt 8 informiert über die geltenden Grenzwerte und darüber, wie die Exposition gegenüber dem Stoff/Gemisch am Arbeitsplatz begrenzt werden kann.  Hierzu gehört auch die Beschreibung der persönlichen Schutzausrüstung wie Augenschutz, Schutzkleidung, Handschuhe und Atemschutz – sowie Informationen darüber, wann diese benötigt werden.

Abschnitt 9. Physikalische und chemische Eigenschaften

  • In Abschnitt 9 werden die detaillierten, prägnanten Informationen über die physikalischen und chemischen Eigenschaften beschrieben, wie Farbe, Geruch, Viskosität, pH-Wert, Flammpunkt und Gefrierpunkt des Stoffs/Gemischs. WICHTIG: Sollte die Optik des Gefahrstoffes/Gemisches von der Beschreibung abweichen, dann verwenden Sie die Substanz nicht.


Abschnitt 10. Stabilität und Reaktivität

  • In Abschnitt 10 werden die Stabilität des Produkts und das Risiko gefährlicher Reaktionen unter bestimmten Verwendungsbedingungen sowie Umweltemissionen erwähnt. Dieser Abschnitt hilft Ihnen bei der Einschätzung der vom Stoff ausgehenden Gefahr. Darüber hinaus wird beschrieben, worauf man bei der Lagerung achten sollte, um chemische Reaktionen zu vermeiden. Auch Hinweise zur voraussichtlichen Haltbarkeit werden gegeben.


Abschnitt 11. Toxikologische Angaben

  • Abschnitt 11 enthält weitere Einzelheiten über die Verletzungsgefahren, die vom genutzten Material ausgehen. Akute und chronische Folgen werden zusammen mit den angegriffenen Organen aufgelistet.


Abschnitt 12. Umweltbezogene Angaben

  • In Abschnitt 13 erhalten Sie wichtige Informationen zu den ökologischen Auswirkungen, wenn beispielsweise große Mengen (z.B. ein Tankwagen) der Chemikalie in der Nähe eines Gewässers ausgelaufen sind.


Abschnitt 13. Hinweise zur Entsorgung

  • In Abschnitt 13 werden geeignete Abfallentsorgungsmöglichkeiten sowohl für den chemischen Stoff/das Gemisch als auch für eine mögliche Verpackung aufgeführt. Dies sind Methoden wie z. B. Verbrennung, stoffliche Verwertung oder Deponierung. Hier wird auch angegeben, ob das übrig gebliebene Produkt als gefährlicher Abfall einzustufen ist.


Abschnitt 14. Angaben zum Transport

  • Abschnitt 14 enthält Einstufungsinformationen für die Beförderung auf der Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser, in der Binnenschifffahrt und in der Luft. Gegebenenfalls sind auch die Transportklassifizierungen gemäß den folgenden Vorschriften für jede Transportart angegeben:
    • ADR (Straße)
    • RID (Eisenbahn)
    • IMDG (Schifffahrt)
    • ICAO / IATA (Flüge)
  • Diese Angaben umfassen die UN-Nummer, die Gefahrenklasse für den Transport, die offizielle Transportbezeichnung und die Verpackungsgruppe. Im Seeverkehr, wo der IMDG-Code für die beförderten Güter gilt, muss auch die technische Bezeichnung angegeben werden.


Abschnitt 15. Rechtsvorschriften

  • Der Abschnitt 15 gibt Auskunft über alle, für den in Nutzung befindlichen Gefahrstoff, relevanten Vorschriften. Beispielsweise ob das Produkt zusätzlichen EU-Verordnungen oder nationalen Rechtsvorschriften unterliegt. Außerdem wird angegeben, ob der Lieferant eine Stoffsicherheitsbeurteilung für den Stoff/das Gemisch durchgeführt hat.


Abschnitt 16. Sonstige Angaben

  • Abschnitt 16 enthält Informationen, die nicht in den Abschnitten 1-15 aufgeführt sind. Zum Beispiel frühere Änderungen im Sicherheitsdatenblatt, Erklärungen von Begriffen, Quellenangaben und erklärte Abkürzungen, sofern sie nicht in den Abschnitten 2-15 aufgeführt sind.

 

Was muss bei der Anwendung eines Sicherheitsdatenblattes beachtet werden?

Nicht nur der Lieferant muss Pflicht der REACH-Verordnung nachkommen, sondern auch der Verwender des Stoffes oder Gemisches.

  1. Die im Sicherheitsdatenblatt mitgeteilten Risikomanagementmaßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz sind zu berücksichtigen.
  2. Wenn die im Sicherheitsdatenblatt beschriebenen Risikomanagementmaßnahmen nicht ausreichen (z.B. weil neue Informationen über die gefährlichen Eigenschaften eines Stoffes vorliegen), müssen diese Informationen an den Lieferanten zurückgemeldet werden (Art. 34 REACH).
  3. Wenn der Verwender selbst Formulierungen herstellt, so müssen für diese ggf. selbst ein Sicherheitsdatenblatt erstellt und innerhalb der Lieferkette weitergegeben werden.
  4. Der Arbeitgeber muss zu jedem Zeitpunkt den Beschäftigten den Zugang zu den Informationen über die Stoffe gewähren, die sie verwenden und/oder ausgesetzt sein können (REACH Art. 35). Zu diesen Informationen zählen insbesondere die relevanten Sicherheitsdatenblätter.
  5. Nach Artikel 36 REACH sind Verwender ebenso wie Hersteller, Importeure oder Händler verpflichtet, sämtliche Informationen, die gemäß REACH für Ihre Aufgabenerfüllung erforderlich sind, während eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren nach der letzten Verwendung des Stoffes/Gemisches vorzuhalten. Das bedeutet, dass auch die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter mindestens für zehn Jahre archiviert werden müssen, um diese auf Verlangen einer zuständigen Behörde vorzulegen.

 

Sie haben noch Fragen zu diesem Thema?

asecos Kontakt

Als Experte für Gefahrstofflagerung und -handling stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter www.asecos.com/kontakt.


 

Weitere Beiträge aus dieser Kategorie

Möchten Sie einen Kommentar abgeben?

Die mit * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder

Rückruf anfordern

Gewünschtes Zeitfenster

Die mit * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder